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«Die große Sitzterrasse im Freibad – die haben wir gebaut»

Albert Baldt – eine Finsterwalder Fotografenlegende

Autor
Dieter Babbe
 
Datum
11/03/2006
 
Quelle
Lausitzer Rundschau
 
Stichworte
geschichte
schwimmstadion
Foto/Abbildung
Dieter Babbe

Albert Baldt mit Bildern von Fimag-Leuten beim Bau des Schwimmstadions.

Finsterwalde. 86 Jahre jung ist er, noch fit ist er, erzählen kann er – und fotografieren vor allem. Seit fast sieben Jahrzehnten ist der Fotoapparat sein ständiger Begleiter. Sein gutes Gedächtnis hat kaum Lücken, lässt Erinnerungen wach und Albert Baldt zu einem Chronisten der Zeit werden. Der Finsterwalder ist ein lebendiges Geschichtsbuch. Werfen wir nur mal einen kurzen Blick in einige Kapitel.

Ab 1933 war alles anders in Deutschland, auch in Finsterwalde. Die weltliche Schule, in die Albert ging, haben die Nazis zugemacht. Bei der Suche nach Gleichgesinnten kam der Arbeiterjunge, der nie in der Hitlerjugend war, zum Schwimmverein 08. «Hier sind wir im Sommer im alten Schwimmbad an der Schacke geschwommen, im Winter wurde auf dem Biegersportplatz Handball gespielt» , weiß er – und auch, dass die Finsterwalder Schwimmer schon damals von sich reden machten: «Ein Tomaschewski hat bei Wettkämpfen vor allem beim Langstreckenschwimmen in Berlin abgesahnt.» Auch die Namen von Rudolf Schmaller, Richard Thomas und Otto Gorden fallen – an 38 Mitglieder von damals kann sich Albert Baldt noch erinnern. Dem Verein blieb er treu, als er schon im Krieg war – der ihn als Soldat durch halb Europa trieb. «Wenn Vereinsmitglieder Fronturlaub hatten und nach Finsterwalde kamen, konnten wir uns beim Vorsitzenden immer ein Päckchen mit Zigaretten als Geschenk abholen.»

Viele seiner Schwimmkameraden sind im Krieg geblieben. Albert Baldt hatte Glück: Von einem Splitter an der Lippe abgesehen sind keine Spuren zurückgeblieben – jedenfalls keine äußeren. Im Inneren wühlt es ihn aber auf, wenn er an die vielen Menschen denkt, die er neben sich hat sterben sehen müssen. Und es kommen ihm manchmal die Tränen.

Und so hat Albert Baldt nie wieder eine Waffe in die Hand genommen. Dafür lieber eine Schippe. Beim Bau des Schwimmstadions am Ponnsdorfer Berg im Jahre 1954 zum Beispiel. «Nach Feierabend und an den Wochenenden haben wir hier freiwillige Aufbaustunden geleistet. Die Stunden hat keiner gezählt, auch nach Geld ist nicht gefragt worden. Wir wollten wieder was schaffen. Das Schwimmstadion war damals das Schönste in der DDR», sagt er nicht ohne Stolz – und fügt an: «Die große Sitzterrasse, die haben wir Fimager gebaut.» Albert Baldt würde es nicht verstehen, wenn dieses Freibad, an dem so viele Finsterwalder mitgebaut haben, jetzt womöglich geschlossen und sogar abgerissen würde. Und doch empfindet er, wie die neue Zeit tickt: «Heute geht’s nur ums Geld.»

Um die Menschen ging es dem Hobby-Fotografen immer zuerst – Porträts waren und sind sein Lieblingsgenre. Tausende Fotos schoss er in seinem Leben. Albert Baldt, der von 1959 an den Fotozirkel der Fimag leitete, hat mit seiner Kamera für die MMM, die Messen der Meister von morgen, viele Kolleginnen und Kollegen fotografiert, er hielt zahllose kulturelle Veranstaltungen im «Haus der Freundschaft» mit damals bekannten Künstlern in Bildern fest. Vor allem die Sängerfeste – vor und nach der Wende – boten ihm Motive über Motive.

Albert Baldt ist gefragt – seine Erinnerungen und sein Fotoarchiv, wenn der Finsterwalder Neptun-Verein in zwei Jahren sein 100. Jubiläum begeht. Und wenn im Mai im Kreismuseum eine neue Ausstellung öffnet: Sängerfeste im Rückblick. Doch der «alte» Finsterwalder ist nicht nur für die Geschichte gut. An diesem Wochenende ist er wieder auf Fotopirsch bei der Berliner Reisemesse. Im vorigen Jahr brachte er von dort eine hübsche Nepalesin mit nach Hause – ein gelungener Schnappschuss.



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