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Hohe Entgelte wären «Todesurteil für die Vereine»

Stadtverwaltung will im Frühjahr neue Entgeltordnung vorlegen

Autor
Dieter Babbe
 
Datum
27/01/2007
 
Quelle
Lausitzer Rundschau
 
Stichworte
schwimmhalle
stadion

Finsterwalde. Geringe Gebührenerhöhungen, wenn sie denn wegen gestiegener Kosten sein müssen, einverstanden – aber nicht in der von der Stadt genannten Höhe! Darin waren sich die Vereinsvertreter einig, die sich in dieser Woche bei der Geschäftsstelle der PDS.Linkspartei trafen. Eingeladen dazu hatte Siegfried Richter, seit über 20 Jahren im Behindertensport tätig, der sich zudem in der Vergangenheit immer als Sprecher für die Sportler und Verfechter ihrer Interessen auf der öffentlichen wie politischen Bühne stark machte. Er sah dringenden Handlungsbedarf: Weil Sportler in den Gremien der Stadt kein oder nur beschränktes Rederecht hätten, müssten sie sich anders laut machen. Und der Stadt zu verstehen geben: Diese Entgelte kann kein Verein bezahlen!

Und so erinnerte der Abgeordnete Roland During (PDS.Linkspartei) noch einmal daran, welche kostendeckenden Entgelte für die Sportstätten die Verwaltung im vorigen Jahr in die Debatte geworfen hat: So soll zum Beispiel eine Bahn in der Schwimmhalle statt bisher 3,92 Euro künftig 23,70 Euro kosten, für die Sporthalle wird ein neuer Stundenpreis von 18,31 statt 3,54 Euro genannt, die Gebühr für den Hauptplatz im Stadion des Friedens soll von 3,38 auf 71,50 Euro pro Stunde klettern. Absicht der Verwaltung sei es, so During weiter, Vereinen bisherige Vergünstigungen, wenn sie Kinder und Jugendliche betreuen, nicht mehr oder nicht mehr in dem Maße zu gewähren.

Wenn diese Entgelte tatsächlich verlangt würden, wäre das das Todesurteil für seinen und viele andere Vereine, erklärte Wolfgang Blümel von der Finsterwalder Turnerschaft. Hier seien 90 Prozent der Mitglieder Kinder und Jugendliche, kostenlos von Übungsleitern betreut. «Damit kommen die jungen Leute nicht nur von der Straße weg, sondern sie werden bei uns zu kleinen Persönlichkeiten geformt, die später im Leben ihren Mann stehen können.» Vereinsarbeit sei auch vorbeugende Sozialarbeit, damit Kinder und Jugendliche «nicht in den Brunnen fallen», wie es Blümel formulierte.

Die Stadt müsse entscheiden, was es ihr Wert sei, Vereine zu haben, die eine hochqualifizierte Sozialarbeit leiste, schloss sich Hagen Koch vom BSV Grün-Weiß dem an. Die Stadt müsse wissen: «Sind Kinder erst einmal in den Brunnen gefallen, können Vereine auch nicht mehr helfen.» Sollte es zu einer deutlichen Erhöhung der Entgelte für Sportstätten kommen, müssten auch die Vereine ihre Beiträge erhöhen. «Dann brechen die Mitgliedszahlen weg. Viele Eltern haben das Geld nicht, es würde eine Flut von Austritten geben.» Koch forderte die Stadt auf, die Kalkulationen für die vorgelegten kostendeckenden Entgelt darzustellen. Damit wäre auch nachvollziehbar, wo Einsparungen möglich seien. «Dann kommen wir auf neue Kosten und damit auf neue Preise.»

Günter Hartung vom Leichtathletikverein befürchtet, dass bei steigenden Entgelten die Vereine sich aus den Sportstätten zurückziehen bzw. weniger nutzen würden – womit die Stadt auch weniger Einnahmen hätte. «Wir zahlen jetzt schon 1 000 Euro im Jahr, Fahrkosten zu den Wettkämpfen werden ohnehin von den Eltern getragen.» Die Konsequenz wäre: «Wir müssten in der Bürgerheide trainieren.»

Das Problem der unterschiedlichen Entgelte in städtischen und kreislichen Sportstätten sprach Gunter Machnik vom Tischtennisverein an, der in der Turnhalle des ehemaligen Janusz-Korczak-Gymnasiums, das dem Kreis untersteht, trainiert – wo mehr verlangt werde, als in städtischen Hallen. Die jährlichen Hallenkosten seien von einst 900 D-Mark auf jetzt über 3.000 Euro gestiegen: «Wir müssen sehen, wie wir überleben.»

Hart würden höhere Entgelte auch den Finsterwalder Neptun-Verein treffen, der über die Hälfte Kinder und Jugendliche als Mitglieder hat, um die sich engagierte Übungsleiter kümmerten. «Wir sind auch Bürger der Stadt, die für andere Bürger was tun», unterstrich Gudrun Hartmann. «Was nützt uns die schöne Schwimmhalle, wenn Kinder hier nicht schwimmen können, weil ihre Eltern das Geld nicht haben?», fragte sie.

Anliegen des Treffens sei es, in Vorbereitung einer Beschlussvorlage zu erfahren, welche Preiserhöhung bei der Nutzung der Sportstätten die Vereine verkraften könnten, erklärte Udo Linde, Vorsitzender der Fraktion PDS.Linkspartei in der Stadtverordnetenversammlung, der die Gesprächsrunde leitete. Den Vorschlag von Roland During, die Gebühren durch die Bank um einen Euro pro Stunde zu erhöhen und sich dafür das Votum der Vereinsvertreter einzuholen, lehnte Hagen Koch ab: «Das zu entscheiden ist Sache der Politik. Wir können nur davor warnen, die Gebühren deutlich anzuziehen. Unser Ziel ist es: Jedes Kind, das es möchte, soll auch in Zukunft in einem Verein Sport treiben können.»

13 von 18 Vereinen, darunter die größten der Stadt, waren der Einladung von Siegfried Richter gefolgt. Auch die Fraktionen – mit Ausnahme der FDP – hatten Vertreter geschickt. Die sich aber, von den Gastgebern abgesehen, nicht zu Wort meldeten – dafür gut zuhörten. Die Stadtverwaltung wird im März/April den Entwurf einer neuen Entgeltordnung vorlegen, war gestern von Bürgermeister Wohmann auf Anfrage zu erfahren.



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