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Emil Goldmann hat das Restaurant 1923 gekauft

Autor
Leserzuschrift
 
Datum
05/05/2007
 
Quelle
Lausitzer Rundschau
 
Stichwort
geschichte
Foto/Abbildung
Leserzuschrift

Heinrich Lehmann , Begründer des «Wassersports» an der Wiesenstraße.

Finsterwalde. Postkartensammler Joachim Poetzsch bringt über seine Sammelleidenschaft vieles in Erfahrung: Leander Rieckmann aus Freiburg/Breisgau wünschte sich Postkartenkopien des Restaurants „Wassersport“ Finsterwalde.

Sein Großvater Emil Goldmann (1883-1969) erwarb nach Wanderjahren und Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg 1923 das Restaurant „Wassersport“ Finsterwalde in der Wiesenstraße. Das „Prochnow-Bad“ an der Schacke war 1922 eingeweiht worden.

Die nachfolgenden Schilderungen zur Familiengeschichte stammen aus einem Brief von Leander Rieckmann: Im Teich und im ehemaligen Schwimmbad, dort in den Badebecken der Frauen, betrieb er (Emil Goldmann) eine Fischzucht. Diese verkaufte er auf dem Markt am Rathaus und dort in einem Fischgeschäft und wohl zweimal in der Woche in der Langen Straße. Im Winter hielt er im Teich das Eis glatt, damit dort die Erwachsenen und Kinder Schlittschuh laufen konnten. Damit verdiente er sich ein paar Groschen. Es war immer viel Leben im Winter dort. (...) Wir Kinder erlebten dort trotz des Krieges eine sehr schöne abwechslungsreiche Zeit. Auf dem Berg, Erde und Sand aus dem ausgehobenen Schwimmbad, konnten wir in dem flachen Brandenburg sogar in Hülle und Fülle Schlitten fahren. Gegen Ende des Krieges baute Opa hier eine Höhle, denn das Wohnhaus, mit nur einem sehr kleinen und oft mit Wasser vollen Keller, war ihm zu unsicher. Mein Cousin, gelernter Zimmermann, riss die Grotte Anfang der 50er Jahre ab. Es war der rechte Flügel im Hauptgebäude. Hier befand sich ein Tanzsaal mit 2 x 3 (bis 4) Grottensäulen und einer Empore. Die Musiker konnten von außen über eine Eisentreppe dorthin gelangen. (…) Der Rest des Hauses wurde etwa 1965 abgerissen. (…)

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Teich zugeschüttet. Schuld daran ist insbesondere die Umweltverschmutzung durch das Drahtwerk und vielleicht auch durch die Schraube. Die Schacke wurde verlegt und kanalisiert. Das Idyll war zerstört. Das Prochnow-Bad auf den Schackewiesen mußte ja dann auch dicht gemacht werden. Ein Müllberg wurde auf den Schackewiesen angelegt. Die größte Dummheit, die man sich denken kann. Ein Biotop wurde total zerstört. (...)

Mein Großvater verlegte sich dann insbesondere auf Gemüsebau in der Wiesenstraße. Er baute viel Rhabarber und Gewürze an. Der Markt war sein Leben. Noch im hohen Alter verkaufte er an einem kleinen Stand am Stadtpark Schnittlauch, Suppengrün und Petersilie. (...)

Eine erste Erwähnung fand das «Flußbad» am 4. Juni 1902 in der Presse. Ihr zufolge hatte ein als «Nachbar Lehmann» bekannter Finsterwalder an der Schacke eine «Flußbadanstalt» angelegt. Auf einer Länge von 45 Metern war der Bach in einer Breite von 15 Metern angestaut. Das Schwimmbad besaß eine Abdichtung mit Zementplatten und zahlreiche Badezellen. Das Wasser war so klar, dass die Gäste «jeden kleinen Gegenstand auf dem Grunde erkennen konnten» .

In einem Adressbuch der Stadt Finsterwalde aus dem Jahre 1904 ist in der Wiesenstraße 6 der «Badeanstaltsbesitzer Heinrich Lehmann» zu finden. Im Adressbuch des Jahres 1909 erscheint der Restaurateur Willy Pfaff als Betreiber des Flussbades Finsterwalde.

Soweit Leander Rieckmann. Auf dem Marktplatzbild ist Emil Goldmann mit seinem Gemüsestand zu sehen. In Gesprächen erinnerten sich Finsterwalder, so z. B. Albert Baldt, Jahrgang 1919 und ein bekannter Finsterwalder Fotograf, an das Schlittschuhlaufen auf dem Teich in der Wiesenstraße, „wo immer viel Betrieb war“. Auch die Mutter von Dr. Gabriele Hoffmann-Künkel, deren Wohnhaus am Schackeplatz 1 gelegen ist und Ursula Irrgang aus der Langen Straße befanden sich unter den Schlittschuhläuferinnen.



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