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Sportlerumfrage in der Krise – wie geht es weiter?

Arbeitsgruppe für verbesserten Wertungsmodus

Autor
Frank Claus
 
Datum
14/01/2004
 
Quelle
Lausitzer Rundschau
 
Stichwort
sportlerwahl

Kommentar

Nur Klasse zählt

von Frank Claus

Kann das sein? Keiner will mehr Sportler des Jahres werden. Was ist passiert, dass dieser Titel an Glanz verloren hat? Die Ursachen sind sicher vielschichtig. Und die Ungereimtheiten in der Bewertung haben bei manchem Sportler sicher für mehr Frust statt Freude geführt.

Augenscheinlich ist auch: In einigen Kategorien fehlt es inzwischen an Spitzenleistungen. Nehmen wir nur die Leichtathletik. Einige Hochburgen von einst gibt es kaum noch. In der Spaß-Gesellschaft ist der Leistungsgedanke eben nicht mehr das, was breitenwirksam zu Anerkennung führt.

Gerade deshalb sollte die Sportlerehrung am Leben erhalten werden. Aber: Nicht Masse muss bei der Kandidatenauswahl oberste Priorität haben, sondern Klasse. Und das auch dann, wenn bei den Frauen oder Männern eben nur noch drei oder vier Sportlerinnen auf dem Tippschein stehen. Jetzt endlich geben mit dem neuen Wertungsmodus die Fachleute wieder den Ausschlag. Und ich bin mir sicher: Echte Sportfans tippen nicht nach Popularität, sondern nach erbrachter Leistung.

Elbe-Elster-Kreis. Die Sportlerumfrage steckt in der Krise. Und das aus mehreren Gründen. Das ist zunächst die immer geringer werdende Zahl von Sportlern, die vor allem in den Einzeldisziplinen mit großartigen Leistungen aufwarten können. Und da ist das Problem, dass es in den zurückliegenden Jahren trotz zahlreicher Bemühungen nicht gelang, einen Bewertungsmodus zu finden, der wirklich die Sportler am Ende auf den obersten Treppchen, in diesem Fall auf der Bühne, sieht, die leistungsmäßig die stärksten Leistungen erbrachten. Also einpacken und aufhören? Genau das will der Kreissportbund nicht.

Denn die jährliche Sportlerumfrage mit ihrem Höhepunkt, der Sportgala, ist trotz aller Schwierigkeiten zu dem einzigen wirkungsvollen Ereignis geworden, bei dem der Sport im Landkreis insgesamt im Mittelpunkt steht und unabhängig einzelner Disziplinen Aufmerksamkeit sowohl von der Bevölkerung, aber auch von Politik, Verwaltung und Wirtschaft erfährt. Das Hauptproblem vergangener Ehrungen war der Bewertungsmodus. Dabei war es von Beginn an ein Spagat zwischen den Kriterien Popularität und knallharter Leistungsbewertung. Begonnen hatte man einst mit einer reinen Bevölkerungsumfrage. Das Ergebnis war fast vorhersehbar. Mitgliederstarke Vereine mobilisierten ihre Anhängerschaft und brachten meist ihre Kandidaten aufs Treppchen. Ab und an ging es dabei auch unlauter zu. Selbst Namen aus Telefonbüchern sollen nach Aussagen des Kreissportbundes abgeschrieben worden sein, um möglichst viele Stimmen zu sammeln. In den Schulen sti mmten ganze Schulklassen für ihre/n Mitschüler/in, obwohl sie oft wenig über ihre/seine Leistungen geschweige denn über die der anderen Sportler auf der Liste wussten. Eingebaute Hürden (Altersbegrenzung, nur Original-Tippscheine und bürgende Unterschriften) konnten dieses Problem zwar minimieren, aber nie ganz lösen.

Schließlich wurde im Vorjahr dann die Drei-Sparten-Wertung geboren. Nach einem Punktsystem wurden die Stimmen aus der Bevölkerung, den Medien und einer Gruppe aus sportkompetenten Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung abgegeben. Doch auch mit diesem Modell gelang wohl keine überzeugende Bewertung. So war zum Beispiel der Spitzensportler Ralf Jossa von der Bevölkerung und den Medien weit vorn platziert worden, erntete aber bei der «Prominenten-Gruppe» kaum Meriten. Folge: Er kam abgeschlagen ein und musste Sportlern den Vorzug lassen, die augenscheinlich noch nicht diese Leistungen erzielt hatten wie Jossa nun schon über viele Jahre. Dramatischer Höhepunkt all dieser Entwicklungen: Noch nie gab es zum jetzigen Zeitpunkt so wenig Nominierungen für die Sportlerehrung wie in diesem Jahr. Viele Vereine und Sportler haben sich abgekehrt. Wolfgang Geister vom Vorstand: «Dabei hatten wir zu Beginn der Sportlerehrung so viele Kandidaten, dass wir zunächst im Vorstand sieben mussten.»

Auch wenn man diesen Zustand so schnell wohl nicht wieder erreichen wird, aufgeben will man das sportpolitische Event nicht.

Ganz einfach würde man es sich machen können, wenn man nur noch eine Fachjury die Kandidaten nominieren und schließlich auch entscheiden lässt. Das will man nicht, denn dann wäre die Breitenwirkung der Sportlerehrung dahin. Deshalb setzt man auch in diesem Jahr auf die Nominierung durch die Vereine und ganz speziell die Fachverbände. Abstimmen werden aber nur noch zwei Gruppen: die Bevölkerung und eine Fachjury. Wolfgang Geister: Ich traue mir zu, sofort zehn bis zwölf Sportfreunde für die Jury zu benennen, denen ich es zutraue, dass sie unabhängig von der Sportart, die sie vielleicht selbst betreiben oder für die sie Sympathien hegen, entscheiden. Dabei soll das Votum dieses Gremiums am Ende ausschlaggebend für die Bewertung der Sportler sein. So könnte es am Ende bei der Auszeichnung unter anderem heißen: «Siegerin in der Gunst des Publikums war die Keglerin Müller, nach eingehender Bewertung der erzielten Leistungen plädierte die Fachjury aber für die Leichtathletin Lehmann.» Mit diesem neuerlichen Vorstoß hofft der Vorbereitungsstab, nun doch noch zahlreiche Nominierungen aus den Vereinen zu erhalten. Am 21. Januar ist die nächste Sitzung. Vielleicht stehen dann schon einige Namen mehr auf dem Tippschein.



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