Karte
 

Der Coin – Spaßkiller fürs Schwimmbad?

Ein Automat statt Personal begrüßt die Gäste

Autor
Dieter Babbe
 
Datum
17/04/2004
 
Quelle
Lausitzer Rundschau
 
Stichwort
schwimmhalle

Kommentar

Das Plasteding:

Haben Sie schon mal beobachtet, wie fix ältere Leute am Geldautomaten hantieren« Zugegeben: Es gibt auch welche, sogar junge, die machen einen weiten Bogen drum – für die gibt es aber den Schalter. So muss es auch in der neuen Finsterwalder Schwimmhalle sein.

Coin klingt zwar nicht gerade einladend, aber es dürfte doch kein Problem sein, den am Eingang in einen Schlitz zu stecken – falls immer eine freundliche Badenixe in der Nähe ist, die im E-Fall dabei hilft. Wenn es sein muss jedesmal, weil Behinderte den Schlitz nie finden werden. Viel wichtiger ist doch: Was kostet dieses Plasteding, kann man es sich leisten» Und was bietet das Bad dafür? Der Spaß im Wasser muss künftig gut organisiert sein. Es darf da nie Langeweile aufkommen, ist die Erfahrung, die man in Lauchhammer gemacht hat. Wenn das so auch in Finsterwalde klappt – lassen wir uns von einem Coin am Eingang den Badespaß nicht vermiesen.

Finsterwalde. Begrüßt werden die Autofahrer an der Brunnenstraße von einer Schranke. Die lässt sich per Knopfdruck noch recht unkompliziert öffnen. Man kommt kostenlos rein – und auch wieder raus. Auch ein Parkplatz ist schnell gefunden – 46 Stellflächen gibt es. Und der Weg zum Vergnügen ist schließlich nur noch ein Katzensprung. Doch dann beginnt die Geschichte mit dem so genannten Coin – für viele nicht nur ein Fremdwort, sondern womöglich auch ein Problem.

So heißt nämlich das Plastestück, das man braucht, um künftig in die neue Finsterwalder Schwimmhalle zu gelangen. Drin steckt ein Chip, den ein Automat ausspuckt, der vorher mit Geld gefüttert werden will. Ein halbes Dutzend Schlitze sind zur Auswahl, aus denen verschiedene Coins kullern, zu verschiedenen Preisen: für Erwachsene, für Kinder, für Behinderte, für Dutzendkarten-Gäste . . . Hat das geklappt, geht’s weiter zu den Umkleidekabinen. Die Fächer dort haben wieder Schlitze – in die der Coin passt. Steckt der drin, gibt’s dafür einen Schlüssel, den der Badegast am Arm tragen kann.

Es bedurfte etlicher Nachfragen, als Torsten Hensel, der zuständige Architekt, in dieser Woche vor Stadtverordneten das Regime in der neuen Schwimmhalle erklärte. «Wir wollen hoffen, dass wir unseren Badegästen nicht einen einwöchigen Lehrgang zumuten müssen, um zu verstehen, wie man ins Hallenbad kommt.» Was aus dem Munde von Bürgermeister Johannes Wohmann wohl eher wie ein Scherz klingen sollte, war anderen ziemlich ernst. Marlies Homagk (BfF), die Vorsitzende des städtischen Ausschusses für Bildung, Soziales, Sport und Kultur, jedenfalls hat «arge Bedenken» . Sie hatte von Anfang an einen «menschlichen» statt technischen Empfang der Badegäste gefordert. Das Foyer der Halle sollte zum «architektonischen Wert eine freundliche persönliche Atmosphäre ausstrahlen. Ein Automat hingegen hindert Badegäste nicht, 30 Kilometer weiterzufahren, um mit persönlichem Engagement empfangen und beraten zu werden», schrieb Frau Homagk in ihr Schwimmhallenkonzept, das sie bereits Anfang des Jahres zur Diskussion stellte. Sie spielte damit auf das Freizeitbad in Lauchhammer an, das ein «optimales Beispiel» für einen freundlichen persönlichen Empfang sei. Es sei zu befürchten, so Marlies Homagk, dass viele mit der Einlasstechnik nicht zurecht kommen. «Eine so teure Schwimmhalle und dann solch ein Empfang von Automaten», war die Stadtverordnete sichtlich enttäuscht – und nicht nur sie, auch die Stadtverordnete Edelgard Knispel (FDP): «Für viele Menschen ist ein Automat eine Hemmschwelle.».

Doch für die Stadt ist es eine Kostenfrage: Personal ist weit teurer als Technik. Allerdings sieht der Bürgermeister das Problem nicht so gravierend. Denn inzwischen steht fest: Die Sauna wird nicht privatisiert, stattdessen mit der Schwimmhalle in einem städtischen Eigenbetrieb geführt – es fand sich niemand, der für die finanziellen Vorgaben der Stadt «schwitzend» arbeiten wollte. Wohmann sieht darin auch einen Vorteil: Damit kann Sauna- und Schwimmhallenpersonal flexibler und so eingesetzt werden, dass im Bedarfsfall oder bei Drängelei der Kassenautomat menschliche Hilfe bekommt.

Unklar scheint auch der tatsächliche Stand der Rekonstruktion der Schwimmhalle. Marlies Homagk hatte nach den Informationen in den Ausschüssen jedenfalls den Eindruck, dass der Bau weiter sei als das Nutzungskonzept. Bürgermeister Wohmann widersprach: Der Fertigstellungstermin im Herbst ist nicht sicher – es gebe lediglich «noch Chancen», dass er gehalten werden könnte. Wir berichten noch drüber.



Verwandte Zeitungsartikel

21/04/2007
«Ich bin sprachlos, mehr als sprachlos»
Bericht von einer erneuten Diskussionsrunde zur Debatte um die Sportstättengebühren in Finsterwalde

27/01/2007
Hohe Entgelte wären «Todesurteil für die Vereine»
Bericht eines Treffens bei der PDS.Linkspartei zur geplanten Gebührenerhöhung bei den Finsterwalder Sportstätten

20/12/2006
«Der Vorschlag ist längst überfällig»
Interview mit Johannes Wohmann, Bürgermeister von Finsterwalde, zur geplanten Gebührenerhöhung für die Nutzung der städtischen Sportstätten

08/12/2006
Vereine sollen mehr für Sportstätten zahlen
Stadt plant Preiserhöhungen um ein Vielfaches und Schließung des Freibades

28/11/2006
Geldsorgen beim Bäder- und Sportstättenbetrieb
Vereinssport soll mehr zahlen

23/11/2006
Einem Leserbrief nachgegangen: Wellen schlagen Wellen
in der Schwimmhalle läuft zur Zeit eine Umfrage