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... und jeden Tag aufs Rad

Autor
Rudi Schirmer
 
Datum
21/03/1998
 
Quelle
Lausitzer Rundschau
 
Stichwort
kurt bischof
Foto/Abbildung
Rudi Schirmer

oben: darauf schwört Kurt Bischof: Jeden Tag eine Runde mit dem Rad. unten: Kurt Bischofs Lebensmaxime: "Mit Finsterwalde Kindern bleibe ich jung."

Fit in den Frühling - für Kurt Bischof aus Finsterwalde null Problem. Der mit großer Wahrscheinlichkeit älteste Freizeitsportler im Erscheinungsgebiet unserer Zeitung ist auch zu allen anderen Jahreszeiten gut in Form. Rudi Schirmer (Text) und Dietmar Seidel (Fotos) brachten den 97jährigen dazu, wenigstens eine Weile stillzusitzen, weil sie ihm das eine oder andere Fitnes-Rezept entlocken wollten.

Wie er sich fit für den Frühling gemacht hat, wollen wir wissen. Und wie er gegen den Winterspeck angeht, soll er uns verraten.

Absolute Enttäuschung, der Mann.

Kurt Bischof lehnt sich im Vorraum der Finsterwalder Schwimmhalle in den Stuhl zurück, die Lachfältchen um die Augen vertiefen sich noch ein wenig mehr: „Was das angeht, gibts von mir keine Geheimrezepte. Wer das ganze Jahr in Bewegung ist, der braucht um den Frühling keinen besonderen Wind machen.“

Kurt Bischof kramt in seiner Jackentasche, zieht ein Büchlein heraus; an den Ecken ein wenig abgestoßen. Ein Mitgliedsbuch des Arbeiter-Turn-und-Sportbundes. Eintrittsdatum ist der 20. Juni. Exakt 78 Jahre ist das her. 78 Jahre, von denen Kurt Bischof nicht eines ohne Sport hat verstreichen lassen.

Turner war er. Tischtennis hat er gespielt. In der Leichtathletik versuchte er sich. Einer Handballmannschaft verhalf er mehr als einmal zum Sieg. Im Schwimmen hatte er oft die Nase vorn bei Wettkämpfen im heimischen Finsterwalde, in Weißwasser, in Berlin. Und dann das Laufen. Das war seine große Leidenschaft. Lange Strecken. Waldläufe. Ausdauerparcours. In den Augen des 97jährigen glimmt so ein Fünkchen Stolz auf, als er sagt: „Einen ganzen Stapel Urkunden habe ich noch zu Hause. Und auch ettliche Medaillen.“

Heute, nachdem ihm sein Arzt wegen der Fußknöchel vom Laufen abgeraten hat, ist Kurt Bischof aufs Fahrrad umgestiegen. Jeden Tag macht er seine Tour. Die Länge bestimmt das Wetter. Ist es grau und trüb, dann gehts auf die kleine Strecke - von der Finsterwalder Bergmühle, wo er wohnt, in die Nachbardörfer Drößig und Eichholz und zurück; strahlt die Sonne, macht er einen lange Kanten Pießnigk, Goßmar, Möllendorf und Gröbitz heißen die Dörfer, die er dann durchradelt. 20, 25 Kilometer auf jeden Fall kommen bei so einer Tour zusammen.

Neben diesen Ausflügen führt der „Radweg“ Kurt Bischof mehrmals in der Woche in die Finsterwalder Schwimmhalle. Der Sportverein „Neptun 08“ ist für ihn so etwas wie eine zweite Heimat geworden. Kurt Bischof fungiert zwar nicht mehr als Aktiver; als Sporthelfer will ihn hier aber niemand missen. Vom Finsterwalder Sportlehrer Christian Homagk hören wir: „Wenn das Finsterwalder Dutzend - eine Freizeitsportveranstaltung, bei der man in den verschiedensten Disziplinen starten kann; vom Marathonlauf bis zum Triathlon - ansteht, dann ist Kurt auf jeden Fall dabei; als Helfer an der Strecke oder am Ziel. Da guckt er nicht auf die Uhr; das einzige Zugeständnis an sein Alter ist vielleicht die Bitte um einen Stuhl, da es bei dem Zuspruch, die diese Sportveranstaltung hat, ja wirklich Stunden dauert, bis die meist rund 500 Teilnehmer ihr Programm absolviert haben.“

Unser Gespräch mit Kurt Bischof wird unterbrochen. Ein junges Mädchen tritt heran: „Hallo, Herr Bischof. Gehts gut? Na klar, sieht man doch. Bis nachher, wir treffen uns ja sicher in der Schwimmhalle.“ Die junge Dame verschwindet in Richtung Umkleidekabinen. Kurt Bischof schaut ihr hinterher, sagt uns dann: „Das ist die Katy Hillgruber. Eine tolle Schwimmerin. Ist in ihrer Altersklasse schon bei den Deutschen Meisterschaften im Wasser gewesen. Aus der wird vielleicht mal was Großes.“ Und dann hat er wieder dieses Lächeln um die Augen, als er hinzufügt: „Dabei war die sowas von wasserscheu. Als sie zum ersten Mal - ich glaub da war sie fünf oder so - hier bei uns in der Schwimmhalle war, da hat sie geschrien, als sie ins Becken sollte.“

Das mit der Angst vor dem Wasser erlebt Kurt Bischof oft. Aber bis jetzt ist es ihm noch jedesmal gelungen, den Kindern, die hier bei Neptun 08 die ersten Schwimmversuche machen, die Furcht zu nehmen; ihnen den gleichen Spaß beim Toben im Wasser zu vermitteln, den er selbst immer empfunden hat und noch heute empfindet, wenn er - allerdings ganz geruhsam - seine Runden dreht.

Als sich unser Gespräch dem Ende nähert, wollen wirs doch noch einmal wissen. Hat er wirklich nicht einen Tip in petto, wie man sich bis ins hohe Alter fithält?

Wieder schüttelt er den Kopf. Nein, da sei bei ihm nichts zu holen. Jedenfalls nicht mehr als das Normale. Sicher, er raucht seit 50 Jahren nicht mehr; zum Kriegsende, als Zigaretten sowieso nicht aufzutreiben waren, hat ers gelassen. Und was den Alkohol angeht - hier und da ein Schluck Bier, sonst nichts.

Dann aber fällt ihm doch noch etwas ein. Sein ganz persönliches Rezept laute so: „Wer lange jung bleiben will, der muß mit jungen Leuten zusammen sein.“

Deshalb ist es für ihn so wichtig, für die Finsterwalder Kinder nicht nur Sporthelfer schlechthin zu sein, sondern auch Berater und guter Freund. Da tut einer doch auch mit 97 noch was für die Zukunft.

Was ganz und gar auch im Sinne seines Sportvereins ist. Dessen Motto nämlich lautet: „In dieser Stadt das Leben gestalten!“



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