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"Was nichts kostet, ist wertlos"

Mit dem Argument knöpft die Stadt den Vereinen Geld ab - und wird dafür kritisiert

Autor
Dieter Babbe
 
Datum
14/11/2000
 
Quelle
Lausitzer Rundschau
 
Stichwort
sportstaetten

Finsterwalde. Die Sängerstadt Finsterwalde steht in dem guten Ruf, auch eine Sportstadt zu sein - und hofft nun sogar auf den ehrenvollen Titel “Sportlichste Stadt im Land Brandenburg”. Immerhin 6,2 Millionen Mark spuckt der Haushalt im nächsten Jahr für die Modernisierung von Schwimmhalle und Sportstadion aus. Den Unterhalt der vorhandenen Sporlstätten lässt man sich fast 700 000 Mark im Jahr kosten. Mit 25 000 Mark ist ein Fördertopf gefüllt, der Vereinen finanziell etwas unter die Arme greifen will.

Mit diesen Fakten sonnte sich Bürgermeister Johannes Wohmann zu recht, als die Friedrich-Ebert-Stiftung am Wochenende zum schon traditionellen “Finsterwalder Sportgespräch” einlud. Wenn die Stadt in den vergangenen zehn Jahren annähernd die gleichen Millionen-Summen für den Sport ausgab, dann hat sie sich mehr als nur mit Ruhm bekleckert - angesichts der Tatsache, dass es “Städte im Elbe-Elster-Kreis gibt, die null Mark für die Sportförderung ausgeben”, bedauerte Detlev Leissner, der Vorsitzende des Kreissportbundes, in der großen Runde mit Politikern von Bund, Land, Kreis und Kommunen sowie zahlreichen Funktionären aus den Sportvereinen der Elbe-Elster-Region.

Letztere vergossen dann allerdings auch tüchtig Tränen in den Finsterwalder Freudenbecher. Lutz Glasewald vom Eska-Verein kritisierte nicht nur den schlechten Zustand der neuen Sporthalle an der Gesamtschule, sondern stellte auch fest: Es gibt zu wenig Sportstätten im Territorium. Für viele Vereine sei es “ein Riesenproblem” Trainer und Übungsleiter zu finden. Im Kinder- und Jugendbereich seien die zugleich auch Pädagogen, deren Ehrenamt man besser würdigen sollte - auch finanziell durch höhere Aufwandsentschädigungen. “Die Hälfte der Zeit im Verein verbringen Funktionäre damit, um mal eine Mark zu kriegen”, klagte Glasewald und forderte mehr Fördergeld für den Sport.

Schlimmer Bürokratismus

In dieses Horn blies auch Eckart Müller, der Präsident vom Grün-Weiß-Verein - dessen finanzielle Kraft es übersteige, den vereinseigenen und stark sanierungsbedürftigen Bieger-Sportplatz in Ordnung zu bringen. Der Verein beantragte Geld vom “Goldenen Plan Ost”, bekam aber keins und soll jedes Jahr die Antragsunterlagen neu einreichen, kritisierte Müller den bürokratischen Aufwand.

Kritik hagelte es im “Finsterwalder Sportgespräch” auch gegen die Stadt, weil sie Entgelte von den Vereinen verlangt, die städtische Sportstätten nutzen wollen. Auf dieses Geld sollte man im Rathaus verzichten, so Kreissportbund-Chef Leissner - und forderte: “Dass Sport im Verein auch viel Arbeit macht, sollte man gegen rechnen.” Unter den 17 000 Bürgern im Kreis, die einem Sportverein angehörten, seien etwa 10 000 Kinder und Jugendliche. Die würden in der Woche zusammen 75 000 Stunden Sport treiben, rechnete Leissner vor - “und in dieser Zeit nicht Diebstähle begehen, Wände beschmieren oder Drogen nehmen” Kosten, die am Ende auch den Kommunen erspart blieben.

“Auch noch feiern lassen“

Diese Argumente will Bürgermeister Wohmann nicht gelten lassen. Die Stadt verlange ganz bewusst Entgelte von den Vereinen. “Städtische Sportstätten sind bei uns nicht umsonst zu haben, weil: Was nichts kostet; hat auch keinen Wert”, konterte der Bürgermeister. Er habe kein Verständnis dafür, wenn Kommunen Schulden in der Stadtkasse zuließen, dafür spendabel mit ihren Sportstätten umgingen und sich dafür auch noch feiern ließen. “Wie konnte früher in Deutschland ein reges Vereinsleben entstehen, ohne dass auch nur ein Pfennig Geld von irgendwoher floss”, so Wohmann.

Er könne sich nicht vorstellen, wie bei den Sportlern Begeisterung aufkommt, wenn die Vereine Geld für die Halle bezahlen müssen, entgegnete Friedhelm Julius Beucher, Mitglied des Bundestages und dort Vorsitzender des Sportausschusses. Er appellierte an Kommunalpolitiker wie Sportler, sich für die Interessen des Sports noch stärker einzusetzen. “Der Sport muss sich bei der Politik den Teil holen, den er verdient hat”, zog Beucher das Fazit nach einer dreistündigen Debatte.



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