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"Wir leisten Sozialarbeit für die Stadt"

Finsterwalder Vereine wehren sich gegen überhöhte Entgeltsätze für Sportstätten

Autor
Jürgen Weser
 
Datum
25/03/2008
 
Quelle
Lausitzer Rundschau
 
Stichwort
sportstaettenkosten

Finsterwalde. Es gebe Signale, dass die Entgeltsatzung für städtische Einrichtungen, insbesondere für Sportstätten, doch nicht am Mittwoch von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen wird. Abgeordnete werden jedenfalls einen dahingehenden Antrag stellen, so will man in den Sportvereinen gehört haben. Darüber wären die Sportvereine der Sängerstadt froh.

Sie wollen die Zeit nutzen, um wenigstens drastische finanzielle Mehraufwendungen abwenden und ihre weitere ehrenamtliche Sportarbeit planen zu können. Vorstandsmitglieder der vier mitgliederstärksten Vereine der Stadt verständigten sich in der vorigen Woche miteinander.

Unakzeptable Steigerung

Klar sei für alle, so Lutz Gerndt vom BSV Grün-Weiß Finsterwalde, dass eine Gebührenerhöhung unumgänglich sein wird “und wir uns darauf einstellen müssen”. Völlig unakzeptabel seien jedoch die enormen Steigerungsraten zum Beispiel für das Stadion (immer noch 110 Euro pro Stunde nur für die Leichtathletikanlagen), die große Sporthalle und die Schwimmhalle sowie der Wegfall des Bonus für Kinder- und Jugendarbeit. Das machten auch Jörg Gampe, neuer Vorsitzender von Neptun 08, Sven Guntermann als Chef der Spielvereinigung Finsterwalde und Jörg Schulz vom Vorstand des ASC Grün-Weiß sowie Frank Werner als Abteilungsleiter Fußball bei Hertha Finsterwalde klar.

Von gegenwärtig 2400 Euro würden die Gebühren bei gleicher Nutzung der Sportstätten auf sage und schreibe 20 100 Euro pro Jahr steigen, rechnet Lutz Gerndt nach der vorliegenden Satzung für seinen Verein vor. Eine Erhöhung von 17 700 Euro könne der BSV Grün-Weiß nicht mehr aus Mitgliedsbeiträgen schultern, argumentiert er. Selbst bei Erhöhung der Kinderbeiträge auf zehn Euro wären höchstens 8000 Euro zusätzlich einzuspielen.

Die anderen Vereine operierten mit ähnlichen Zahlen. 32 000 Euro Mehrbelastung pro Jahr benennt Gampe für den mitgliederstärksten Verein Neptun 08. Deutlich höhere Mitgliedsbeiträge im Kinder- und Jugendbereich seien unrealistisch. “Dann würde es bei der Sozialstruktur unserer Eltern massiv Austritte geben”, ist Hertha-Fußball-Chef Frank Werner sicher. Überhaupt, so Jörg Gampe, scheine in der Finsterwalder Stadtverwaltung keine Rolle zu spielen, “dass wir Kinder- und Jugendarbeit und damit Sozialarbeit in Größenordnungen für die Stadt leisten”, indem viele Kinder und Jugendliche mehrfach in der Woche einer sinnvollen sportlichen Betätigung nachgehen können.

Empört haben alle Vereine auf den Vorwurf von Bürgermeister Johannes Wohmann von der “privilegierten Nutzung der Sportstätten” reagiert. “Wir müssen das nicht machen”, hält Guntermann dagegen und erinnert an die vielen Übungsleiter, die ehrenamtlich arbeiten. Sponsorengelder für die Zahlung von Sportstätten einzusetzen, wäre falsch, so die Vereinsvertreter. Die Sponsoren wollen unmittelbare Sportarbeit, den Wettkampfbetrieb unterstützen. “Dann könnten sie das Geld ja gleich an die Stadtverwaltung überweisen”, weist Reinhardt Kloppe vom BSV das Ansinnen zurück.

Die Stadtverwaltung beklage die geringe Auslastung des Stadions, aber “sie tut alles dafür, dass es nicht ausgelastet wird”, argumentiert Jörg Schulz für die ASC-Athleten. Als Beispiel führte er an, dass der Verein bei den noch höheren Sonntags-Gebühren für das Stadion die Landesmeisterschaft zurückgeben werde, weil man sie sich nicht leisten könne. Ähnlich sieht das der Hertha-Fußball-Chef für die Ausrichtung hochwertiger Fußballspiele. “Die werden dann in Finsterwalde nicht mehr stattfinden”, erklärt Werner.

Die Vereine werden weiter kämpfen. Alle Stadtverordneten und sachkundigen Bürger wollen sie noch mehr für ihre Interessen und damit die vieler Bürger der Stadt sensibilisieren. Die Zusammenarbeit mit dem Sportstättenbetrieb und dessen Leiter muss besser werden, meint nicht nur Gudrun Hartmann von Neptun 08. Die Zuweisung der Trainingszeiten in der Schwimmhalle könne zum Beispiel optimiert werden, sind die Neptun-Leute sicher. Wenn der Sportstättenbetrieb nicht selbst und mit uns nach Einspar- und nach Möglichkeiten der zusätzlichen Nutzung sucht, “brauchen wir keinen gut bezahlten Sportstättenleiter”, spitzt Kloppe zu. Die Vereine überlegen auch, mit einer Demo auf dem Marktplatz zu zeigen “wie viele Sportler es hier gibt”, um damit Druck zu machen.

Ausweich erwogen

“Natürlich überlegen wir, wo wir einsparen und wie wir höhere Gebühren auffangen können”, erklärte Guntermann. Aber da seien Grenzen gesetzt. “Wenn die Stadt die Gebührensatzung so durchsetzt, wie sie vorliegt, werden wir den Trainings- und Wettkampfbetrieb zusammenstreichen, was eine Minderung der Leistungsstärke zur Folge hätte.” Auch über den Ausweich in nichtstädtische und Sportstätten außerhalb der Stadt sowie den Bau eigener Anlagen wird nachgedacht. Aus Sicht der Vereine allerdings ein Unding für eine Stadt, die sich mit einer bundesweiten Sportabzeichenveranstaltung als Sportstadt präsentieren will. “Da ist zu überlegen, wie groß unser Engagement sein kann”, macht Kloppe deutlich. “Wir wollen in den nächsten Monaten eine politische Diskussion mit dem Ziel einer moderaten Entgelterhöhung”, fasst Lutz Gerndt die Diskussion der Vereinsvertreter zusammen.



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