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«Neptun» und Stadt im Knatsch

Leistungsstützpunkt nutzte kostenlose Trainingszeiten für «allgemeines Vereinsbaden»

Autor
Dieter Babbe
 
Datum
18/02/2005
 
Quelle
Lausitzer Rundschau
 
Stichwort
schwimmhalle

Finsterwalde. Zwei Jahre war die Finsterwalder Schwimmhalle unberührt, stand als Bauruine da und wurde dann in 19 Monaten nahezu in Topform gebracht – damit sie seit Ende November vorigen Jahres nicht nur als Schwimm-, sondern sogar als kleines Spaßbad locken konnte. Während sich «fiwave» bei der Bevölkerung inzwischen immer größerer Beliebtheit erfreut, wie die Besucherzahlen zeigen, scheint beim «Neptun» -Verein, wo sich die Schwimmer so auf die neue Halle gefreut hatten, der Spaß gründlich vergangen zu sein. Jedenfalls gibt es tüchtig Knatsch zwischen Verein und Rathaus. Und wo ist der Zankapfel?

Bereits im Jahre 2002, als die Schwimmhalle noch im baulichen Tiefschlaf lag, unterzeichneten Stadtverwaltung und Bildungsministerium mit den Sportverbänden Schwimmen und Triathlon, die in Finsterwalde Landesleistungszentren haben, einen Vertrag. Darin sichert die Stadt dem Land zu, den beiden Landesleistungszentren die Halle bzw. einzelne Bahnen für Trainingszwecke zur Verfügung zu stellen – und zwar kostenlos. Dazu sah man sich im Schloss regelrecht genötigt, weil dieser Passus sogar im Förderbescheid des Landes für den Umbau der Schwimmhalle stand.

So ist vereinbart worden, dass die Sportler der beiden Trainingszentren von montags bis donnerstags zu bestimmten Zeiten täglich auf drei Bahnen schwimmen dürfen. Zusätzlich zum Vertrag kam die Stadt dem Wunsch des Vereins nach, auch samstags und sonntags früh von 7 bis 9 Uhr und sogar fünf Bahnen – also das gesamte Schwimmbecken – für die Landesleistungszentren nutzen zu dürfen. Wie dann aber eine Zuarbeit des «Neptun»-Vereins, aus denen die Mitglieder für die beiden Landesleistungsstützpunkte kommen, ergab, hat Finsterwalde derzeit lediglich fünf Schwimmer und Triathleten in diesem Kader. «So viele kostenlose Bahnen und Stunden für so wenig Leute?» , stellte man sich im Schloss, wo inzwischen jeder Euro umgedreht werden muss, die Frage. Als dann der Verein noch eine Liste mit 40 «Nachfolgekandidaten» nachschob, regte sich Widerstand in der Verwaltung. «Morgen kommt vielleicht eine Liste mit 60 oder 80 Namen – die alle nicht zum Landesleistungszentrum gehören», reagierte Bürgermeister Johannes Wohmann.

Richtig stutzig wurde Hallenleiter Kraft Stöber aber erst, als zu den genehmigten kostenlosen Nutzungszeiten für die Landesleistungsstützpunkte an den Wochenenden, wo nur fünf Schwimmer hätten trainieren dürfen, «allgemeines Vereinsbaden» stattfand. Stöber: «Da kamen dann auch Oma und Opa mit ihren Enkelkindern durch den Vereinseingang kostenlos rein – mit der Begründung: Wir zahlen ja Vereinsbeitrag.»

«So geht das nicht weiter», hat jetzt der Bürgermeister ein Machtwort gesprochen. «Die Schwimmhalle ist unsere kostenintensivste städtische Einrichtung. Wir müssen unbedingt darauf achten, dass wir so viel wie möglich an Einnahmen erwirtschaften. Unser Ziel ist es, 40 Prozent der Kosten mit Eintrittsgeldern abzudecken. Deshalb haben öffentliche Hallennutzer den Vorrang, und nicht Vereine. Wir können es uns nicht leisten und es wäre verantwortungslos, mit einer kostenlosen Nutzung der teuren Schwimmhalle so leichtfertig umzugehen.» Wohmann hat jetzt festgelegt: Für die fünf Schwimmer der Landesleistungsstützpunkte steht künftig nur noch eine Bahn für umsonst zur Verfügung – räumt aber ein: «Darüber will ich gerne auch öffentlich diskutieren.»

So durften die Vereinsschwimmer letztes Wochenende erstmals wie auch künftig nicht alleine alle fünf Bahnen im Schwimmbecken für sich nutzen – zugunsten der Bevölkerung, für die stattdessen das Frühschwimmen zwischen 7 und 9 Uhr am Sonnabend und Sonntag auf vier Bahnen jetzt neu angeboten wird. Daraufhin packten die «Neptun»-Schwimmer verärgert ihre Badesachen und fuhren in die Schwimmhalle nach Lauchhammer.

Auf das Bürgermeisterangebot reagierte der Verein bislang mit Funkstille. Auch gegenüber der RUNDSCHAU wollte sich die Vorsitzende Renate Engel nicht weiter äußern. «Vertrag ist Vertag», sagte sie nur – und kündigte Beschwerde beim Land an. Lediglich Vereinsmitglied und Stadtverordneter Christian Homagk reagierte bereits mit einem Schreiben: Darin bewertet er die städtische Regelung als «Rauswurf des Sportvereins» und als «Missgunst statt Handschlag».

Ob es doch noch zu diesem Handschlag kommt, bleibt abzuwarten. Für nächste Woche hat Wohmann jedenfalls die Vereinsspitze ins Schloss geladen. An seinem Standpunkt werde sich freilich nichts ändern, so heißt es.

Während dieser Streit noch nicht beigelegt ist, bahnt sich ein neuer an: «Wenn die Schwimmer und Triathleten die Schwimmhalle kostenlos nutzen dürfen, warum nicht auch die Leichtathleten das Stadion», fragt man beim Grün-Weiß-Leichtathletikverein die Stadt. Mit der Begründung: Wir haben auch einen Landesleistungsstützpunkt in Finsterwalde.



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