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"Stadt verschleppt den Bau"

Potsdam: Schwimmhalle viel zu zeitig geschlossen / Stadtverordnete machen jetzt Druck

Autor
Dieter Babbe
 
Datum
19/07/2002
 
Quelle
Lausitzer Rundschau
 
Stichwort
schwimmhalle
Foto/Abbildung
Dieter Babbe

Die Schwimmhalle bleibt weiter eine Ruine.

Finsterwalde. Die Finsterwalder Schwimmhalle ist seit dem vorigen Jahr eine Bauruine - und das wird sie auch in den nächsten Monaten noch bleiben. Nach jüngster Auskunft im Schloss ist nun erst im Jahre 2003 mit dem Beginn der Sanierungsarbeiten zu rechnen - im Frühjahr vielleicht.. Aber bereits im Frühjahr des vorigen Jahres hat die Stadt die Freizeitstätte dicht gemacht. Völlig übereilt und auf Kosten der Bürger - wie sich jetzt die ganze Sache aus Potsdamer Sicht darstellt.

Recherchen beim brandenburgischen Ministerium für Bildung, Jugend und Sport haben folgendes Bild ergeben: Die Stadt ist mit ihrer Schwimmhalle tatsächlich im vorigen Jahr in ein von der EU gefördertes Bäderprogramm gerutscht - und bekam dort oberste Priorität. Damit verbunden war auch die Zusage, dass die Hälfte der Kosten aus EU-Töpfen finanziert werden. Dann aber habe die Stadt “völlig unzureichende Unterlagen” ans Ministerium gesandt, wie gestern von Marion Chalupecky, der zuständigen Referatsleiterin beim Sportministerium zu erfahren war. Unstimmigkeiten habe es dann bei der baufachlichen Prüfung der Unterlagen und der zuwendungsfähigen Kosten gegeben. Dabei habe es die Stadt versäumt, so heißt es bei der Potsdamer Behördenleiterin weiter, den ständigen Kontakt mit dem Ministerium zu suchen: “Man hat einfach das beauftragte Planungsbüro planen lassen, ohne mit uns die Abstimmung zu suchen.” Die Verwaltung hätte aus Erfahrung wissen müssen, meint die Referatsleiterin, dass die Vorbereitung mindestens ein Jahr dauere. “Für uns war immer unverständlich, weshalb die Stadt die Schwimmhalle bereits im April 2001 geschlossen hat”, sagt Marion Chalupecky - auch darüber verärgert, dass dem Land die Schuld für die. Verzögerungen in die Schuhe geschoben wird. Den nachträglichen Anbau der Sauna und die Schaffung technischer Voraussatzungen dafür, dass auch mal ein Freibecken angebaut werden kann, habe die Stadt und nicht das Land ins Spiel gebracht - und habe damit die ganze Sache verzögert. Erst in der vorigen Woche habe man endlich den Nachweis der Kommunalaufsicht für den finanziellen kommunalen Eigenanteil vorgelegt. “Dass jetzt zwei Jahre vergehen werden, bis mit der Sanierung angefangen werden kann, ist eindeutig das Verschulden von Finsterwalde”, steht für Potsdam fest. Im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport habe die Stadt bei dem ganzen Verfahren zur Sanierung und Erweiterung ihrer Schwimmhalle - im Vergleich zu anderen Kommunen - ein schlechtes Licht hinterlassen, hieß es gestern.

Bei der Finsterwalder Stadtverwaltung war der aktuelle Stand über die verfahrene Kiste in dieser Woche zunächst nur eine knappe Acht-Zeilen-Meldung wert. Darin wird lediglich darüber informiert, dass man sich heute vor einer Woche mit Potsdam endlich über die Gesamtkosten in Höhe von 8 726 000 Euro geeinigt habe, strittig sei noch der genaue Förderanteil. Die jetzt geprüften Unterlagen würden in der zweiten August-Woche vom “entsprechenden EU-Ausschuss” (der ein Förderausschuss des Landes zum europäischen Fond ist) geprüft. Danach rechne die Stadt im September mit dem Fördergeld. Noch immer liegt nicht die Baugenehmigung vor. Erst dann kann das Ausschreibungsverfahren beginnen. Im Schloss rechnet man jetzt mit einem Baustart nicht vor März.

Frank Zimmermann, der Bauamtsleiter im Rathaus, mit den Vorwürfen aus Potsdam gestern konfrontiert, wehrt sich: Weil man über eine AB-Maßnahme kostengünstig die Halle entkernen wollte; habe man sofort nach der Hallensaison im vorigen Jahr mit den Abrissarbeiten begonnen. “Zu dem Zeitpunkt war noch nicht zu erkennen, dass sich das Verfahren so hinziehen wird.” Überlegungen, doch eine Sauna anzubauen und schon den Anbau eines Freibeckens mit im Blick zu haben, seien erst später angestellt worden. Daraufhin sei man gezwungen gewesen, noch einmal umzuprojektieren.

Die Öffentlichkeit reagiert seit langem immer ungehaltener über den schleppenden Fortgang der Hallenreko. Den Finsterwaldern wird - weil das Vorhaben offensichtlich vorher nicht gründlich durchdacht war - unnötigerweise eine beliebte Freizeitstätte vorenthalten. Fast 400 Schüler sind gezwungen, aufwändig zum Schwimmunterricht nach auswärts zu reisen, und über 270 Kinder und Jugendliche vom Neptun-Verein müssen auf ihr Vereinshaus verzichten. Aus dem öffentlichen scheint jetzt zunehmend auch politischer Druck zu werden - die Fraktionen wollen klare Antworten zur Schwimmhalle. “Es macht wütend, wie die Stadt hier das Vorhaben verschleppt”, ist Hannelore Elmer (SPD) verärgert. Und Dieter Wunderlich (PDS) meint: “Ich habe den Eindruck, wir werden von vorne bis hinten belogen.”

Sollte tatsächlich im März nächsten Jahres an der Schwimmhalle der Baustart sein, dann ist frühestens zum Winter 2004 endlich mit Badespaß in Finsterwalde zu rechnen.



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